Georg Vith
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Picture
42 x 68
68 x 68
Katalog zur Ausstellung im k&k
Svetschach | Kärnten | 1999

Seit 1989 steht die Arbeit mit der Camera obscura im Mittelpunkt der Arbeiten von Georg Vith. Die verwendeten Cameras werden von ihm selbst hergestellt und den gewünschten Erfordernissen angepasst, sie stellen einen wesentlichen Teil der Arbeit dar.

Die Camera obscura ist ein lichtdichtes Gehäuse mit einer kleinen Öffnung an der Vorderseite, durch die Lichtstrahlen ins Innere eindringen können. Mit Hilfe eines Spiegels werden die Lichtstrahlen nach oben umgelenkt und auf eine Mattscheibe projiziert. Es entsteht ein aufrechtes, aber seitenverkehrtes Bild. Eine verschiebbare Linse bildet Gegenstände nicht nur scharf ab, sondern entzieht sie durch mögliche Unschärfe dem Auge des Betrachters.

"Durch den Filter der Camera werden Linien, Strukturen, Flächen bedeutsam, die das unbewaffnete Auge über die Verblendung durch die detailreiche Informationsfülle nicht wahrnimmt." (Dr. Markus Pescoller, Bruneck).

Mit der Camera auf Reisen, so entstanden ursprünglich skizzenhafte Bleistiftzeichnungen mit tagebuchähnlichem Charakter, wo durch Schärfe, Unschärfe und Vergrößerung der Blick auf Grenzbereiche gelenkt wurde, sie waren zum Teil skriptural oder farbig ausgelotet. Diese "lesbaren" Bilder sind nun einer deutlicheren Manifestation von Tuschenotationen und Farbeindrücken gewichen, wobei nach wie vor das Vermeiden einer klaren Festlegung  ein inhärentes Ziel dieser Bilder ist. "Mit Hilfe der Camera erzeugt der Künstler ganze Sequenzen ein und desselben Motivs, bis der Film reißt…" (Karlheinz Pichler). Das Prinzip der Serie verweist auf den Aspekt unterschiedlicher Betrachterstandpunkte.

Viths Absicht ist es, mit dieser Arbeit eine Verbindung zwischen der Zeichnung, also dem unmittelbarsten Empfinden bzw. Ausdrucksvermögen und jenem genauen Beobachten und Abbilden, das durch die Camera möglich ist, herzustellen. Im gleichen Zuge ist es aber ein Hinterfragen alles Gesehenen, denn durch den Einsatz von Schärfe und Unschärfe tauchen neue Aspekte auf. Randgebiete und Überschneidungen werden wichtig, es erscheinen Farbeindrücke und durch den Filter der Mattscheibe werden Grauzonen unterdrückt.

Das ausschnitthafte Sehen erhält durch die Herstellung von Serien den Charakter einer Zeitaufzeichnung und ist ebenfalls ein Teil der Hinterfragung, sie verweist nämlich auf den Standpunkt des Betrachters, auf verschiedene Möglichkeiten des Zugangs. Diese kleinstformatigen Zeichnungen stellen sich gegen die Flüchtigkeit des Gesehenen. Deren Bildinhalt erschließt sich dem Betrachter nur im Stehen bleiben und er ist angehalten, die Zeichnungen zu "entziffern".


Textfragmente

Von Natur aus geht die Kausalbeziehung über den Einzelfall hinaus, sie ist etwas anderes als eine zufällige Koinzidenz; es wird damit stillschweigend irgendeine Regelmäßigkeit in den Dingen vorausgesetzt. Das besagt überhaupt nicht, dass die Regelmäßigkeit bis zur Beständigkeit geht: daher wissen wir auch nie, woraus der morgige Tag besteht.
Paul Veyne


So trivial es ist, das zu sagen: im Gehirn entsteht keinerlei Licht. Wir müssen uns das sozusagen "vor Augen halten". Im ganzen Kosmos gibt es kein Licht, in unserem Kosmos gibt es nur enorm schnell reisende Quanten. Licht ist ausschließlich eine Umdeutung durch unser Sensorium, die dazu dient, aus der Fülle dieser reisenden Quanten einen häufigen Typus zum Abtasten zwecks Deutung der Strukturen einzusetzen.
Rupert Riedl


Die Sinne werden als eine Art Nachrichtensystem betrachtet, das unterschiedliche Aspekte der ontischen Welt in das Bewusstsein des Erlebenden leitet... Doch gleichgültig, was da vermittelt werden soll, mit dieser Vermittlerrolle der Sinnesorgane ist auch schon das ganze, unlösbare Problem der Wahrhaftigkeit in das Wahrnehmungsschema eingebaut, denn niemand wird je imstande sein, die Wahrnehmung eines Gegenstandes mit dem postulierten Gegenstand selbst, der die Wahrnehmung verursacht haben soll, zu vergleichen.
Ernst von Glasersfeld


Die Realität der Vergangenheit ist stets reicher, nuancierter, komplexer als irgendeine der Ideen, die wir uns bilden können, um sie zu umfassen; sie ist dieses Konkrete, dieses Singuläre, das uns immer aus der Bahn wirft, uns verwirrt, uns durch etwas Unerwartetes, Neues, radikal Anderes überrascht.
Henri - Irènèe Marrou


Ereignisse und Strukturen, in denen keine zeitliche und räumliche Ordnung erkennbar ist, bezeichnen wir als zufällig. Ausschließlich Mutationen, also zufällige Ereignisse, haben in unserer Stammesgeschichte zur Variation von Formen geführt, aus denen durch Selektionsprozesse alle heutigen Lebewesen hervorgegangen sind. Kennzeichen der Phylogenese ist also das permanente Wechselspiel von "ordnenden" Prozessen und zufälligen Ereignissen. Die Verästelungen der Gefäße bei einem Blatt sind wesentlich von zufälligen Ereignissen beeinflusst.

Wirkt auf einen strukturbildenden Prozess eine Störung, kann die Reaktion darauf zu dem Eindruck chaotischen Verhaltens führen, obwohl das System streng deterministisch ist. Somit ist bei der Beurteilung vermeintlich zufälliger Strukturen Vorsicht geboten.
nach: Rensing/Deutsch, Ordnungsprinzipien periodischer Strukturen


Die Produktion eines Bildes, dem es nicht primär auf bloßes Abbilden einer sichtbaren Wirklichkeit ankommt, ist vom Standpunkt der Sichtweise eine der traditionellen Aufgaben der bildenden Kunst, welche mit künstlerischen Wahrheitsansprüchen verbunden werden kann. Doch vom Standpunkt der Sichtbarkeit schwindet die Möglichkeit, sinnvoll von einer formalen Wahrheit zu sprechen; das Bild wird zu einer designerischen Leistung. An die Stelle der Interpretation der sichtbaren Wirklichkeit tritt in den neuen Bildformen dieses Jahrhunderts die bloße Erzeugung von Sichtbarkeit und damit die Bereicherung der sichtbaren Wirklichkeit um virtuelle Wirklichkeiten. Diese können weder falsch noch richtig sein, da sie einfach sind, ohne auf etwas zu verweisen.
Lambert Wiesing
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